Deutschlands heißeste Nachwuchstalente
Donnerstag, 31. Dezember 2015
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Deutschlands etablierte Stars dürfen im Vorlauf der UEFA EURO 2016 keinen Deut nachlassen, schließlich scharrt die nächste Generation schon mit den Hufen, wie UEFA.coms Axel Ruppert festgestellt hat.
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Deutschland wurde vor gut einem Jahr Weltmeister, doch die abgelaufene Bundesliga-Hinrunde hat gezeigt, dass die nächste Generation schon mit den Hufen scharrt und in die Nationalmannschaft drängt. UEFA.com stellt einige der größten Talente vor – vielleicht ist der eine oder andere Spieler schon im Sommer in Frankreich dabei?
Joshua Kimmich (Mittelfeldspieler, Bayern München)
Zugegeben, die Bundesligabilanz von Joshua Kimmich ist nicht berauschend, seit seinem 8,5-Millionen-Euro-Wechsel von RB Leipzig zum FC Bayern absolvierte der 20-Jährige nur zehn Spiele, davon ganze drei über die volle Distanz. Dennoch ist Noch-Coach Pep Guardiola begeistert: "Er ist in jedem Training Wahnsinn, er wird einer der besten deutschen Fußballer der nächsten zehn Jahre."
Dass diese Vorschusslorbeeren nicht übertrieben sind, unterstrich der gebürtige Schwabe mit seinen starken Vorstellungen in der UEFA Champions League, wo er fünf von sechs Spielen bestritt. "Für mich ist jedes Champions-League-Spiel etwas Besonderes", meint Bayerns Allzweckwaffe, der nach eigener Aussage fast schon alle Positionen durch hat: "Auf der Sechs, der Acht und der Zehn. Rechtsaußen, Linksaußen, rechts hinten, links hinten."
Bleibt abzuwarten, wie Kimmich nächste Saison ohne seinen Förderer zurechtkommt, denn Guardiola gilt als größter Fan des U21-Nationalspielers. "Kimmich ist fast mein Sohn", meinte der Spanier sogar schon. Kimmich nahm's mit Humor: "Meine Mutter hat gesagt: Davon weiß sie gar nichts. Ich hoffe, mein Vater macht sich keine Gedanken."
Julian Weigl (Mittelfeldspieler, Borussia Dortmund)
Ob BVB-Trainer Thomas Tuchel ähnliche Gefühle für seinen Shootingstar Julian Weigl hegt, ist nicht bekannt, großer Wertschätzung darf sich der ebenfalls 20-Jährige aber gewiss sein, schließlich stand er in 29 von 30 Pflichtspielen auf dem Rasen. Weigl ist der Prototyp eines modernen Mittelfeldspielers, verfügt über ein bemerkenswertes Spielverständnis, ist zweikampfstark und unheimlich abgeklärt am Ball.
"Es ist alles viel schneller gegangen, als ich es mir vorher erdacht oder erträumt habe. Ich musste im Sommer realistisch sein: Ich kam von einem Zweitligisten [TSV 1860 München], in unserem Kader stehen Top-Spieler. Ich wollte einfach ankommen, ganz viel aufsaugen und für mich selbst lernen", sagt Weigl heute. "Jetzt habe ich mir neue Ziele gesetzt, möchte meine Leistung bestätigen und in der Mannschaft und mit der Mannschaft auf Champions-League-Kurs bleiben. Alles andere wird man sehen."
Übrigens ist auch er vor den verbalen Liebkosungen Pep Guardiolas nicht sicher, über Weigl schwärmte der Katalane: "Ich bin von ihm begeistert. Er bringt fußballerisch alle Voraussetzungen mit. Genauso wie Kimmich wird er auch irgendwann Nationalmannschaft spielen."
Leroy Sané (Flügelflitzer, Schalke)
Schon geschafft hat dies Leroy Sané, aber der Schalker gab ja auch schon letzte Saison mehr als nur eine Kostprobe seines Könnens ab, man denke nur an sein Traumtor beim 4:3-Sieg im Santiago Bernabéu. Sané vereint Tempo und Technik auf eine Art und Weise, dass es selbst Vater Souleymane, einst passabler Bundesligastürmer (174 Spiele/51 Tore für Wattenscheid und Nürnberg), ein wenig unheimlich wird. "Das hat er nicht von mir", meinte er nach dem Fernschuss von Madrid.
Sané Senior bildete in den 1980ern ein gefürchtetes Zweitliga-Sturmduo mit einem gewissen Herrn Löw, der dem Filius nun das Debüt in der A-Nationalmannschaft ermöglicht hat. Die UEFA EURO 2016 ist in Reichweite und das zu Recht, meint sein Teamkollege Pierre Højbjerg: "Man sieht ihn sich als Mitspieler an und denkt nur - mein lieber Scholli! Das kannst du nur genießen, der Junge hat eine große Karriere vor sich."
"Wenn er so weitermacht, will ihn irgendwann jeder Klub auf der Welt haben", fürchtet Schalke-Coach André Breitenreiter, der mit Sané aber eigene Pläne hat: "Wir möchten um unsere jungen Spieler ein Top-Team aufbauen, Leroy sehe ich definitiv als Bestandteil."
Maximilian Arnold (Mittelfeldspieler, Wolfsburg)
Der 21-jährige Mittelfeldmann ist Aushängeschild der Wolfsburger Jugendabteilung: Jüngster Bundesliga-Spieler jemals bei den Niedersachsen. Jüngster Torschütze. Und jüngster Spieler, der die Rote Karte erhielt. Das ist nicht ganz überraschend, denn Arnold bringt neben seinen spielerischen Qualitäten auch einen unbändigen Kampfes- und Siegeswillen ein.
Sein steiler Aufstieg hat zuletzt eine kleine Unterbrechung erfahren – zu Saisonbeginn kam er oft nur zu Kurzeinsätzen. "Klar, das beschäftigt mich. Ich bin schon ziemlich unzufrieden. Die Konkurrenz ist relativ groß, das muss ich sagen. Aber so ist das bei einem Topklub", sagte er und dachte im Oktober über einen Tapetenwechsel nach. Seitdem spielte er jedoch in jedem Ligaspiel durch, die Wechselgedanken dürften sich erst einmal erledigt haben.
Arnold ist kein stromlinienförmiger Spieler, er sagt, was er denkt und beschäftigt sich bereits jetzt mit der Zeit nach der Karriere. "Ich bin im Alter von zwölf Jahren von Zuhause ausgezogen und nach Dresden ins Internat gewechselt. Seitdem wohne ich nicht mehr zuhause. Das war nicht immer einfach", meinte er kürzlich.
Mahmoud Dahoud (Mittelfeldspieler, Mönchengladbach)
Dahoud hat seine erste Heimat noch früher verlassen müssen: Als er erst neun Monate alt war, flohen seine Eltern mit dem kleinen Mahmoud vor den Kriegswirren aus Syrien ins Rheinland. Dort fand der Straßenfußballer ("Ich hatte fast immer offene Knie und Ellbogen, aber wir haben einfach weitergespielt.") den Weg ins Nachwuchsleistungszentrum der Gladbacher Borussia.
Schon Lucien Favre war begeistert von Übersicht, Intelligenz und Passspiel des Deutsch-Syrers, unter Neu-Coach André Schubert wurde der 19-Jährige neben Granit Xhaka zum Stammspieler im zentralen Mittelfeld. "Mo hat ein riesiges Potential. Ich hoffe für ihn, dass er so weitermacht", lobt der Schweizer. Auffällig zurückhaltend äußerst sich Schubert: "Der macht das im Moment ganz ordentlich." Befürchtungen, dass Dahoud gebremst werden muss, sind eher unbegründet, wenn dieser sich weiter so pusht: "Ich stelle mir vor, dass ich gerade mein letztes Spiel mache. Dann weiß ich, dass ich jede Minute davon genießen muss."
Der deutsche U20-Nationalspieler rückt angesichts der aktuellen Flüchtlingswelle immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit und weiß Bedächtiges beizutragen: "Wer will denn schon weg aus seiner Heimat? Ich will auch nicht aus Deutschland weg, das ist das Land, in dem ich aufgewachsen bin. Mein Land."