Die EURO-Endspiele
Sonntag, 11. Juli 2021
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Große Überraschungen, spektakuläre Tore - an Dramatik hat es selten gefehlt: Wir blicken auf die bisherigen EURO-Endspiele zurück.
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Italien hat bei der UEFA EURO 2020 zum zweiten Mal den Titel geholt, derweil endete Englands erste Finalteilnahme mit einer herben Enttäuschung.
Bislang gab es 16 Endspiele, von denen sechs in die Verlängerung gingen sowie zwei ins Elfmeterschießen. Zwei wurden durch ein Golden Goal entschieden, eins in einem Wiederholungsspiel. Wir blicken auf die früheren Finals zurück.
1960: Sowjetunion - Jugoslawien 2:1 n.V.
Torhüter Lev Yashin sorgte bei den Sowjets dafür, dass hinten nichts anbrannte, Viktor Ponedelnik erzielte in Paris in der Verlängerung den Siegtreffer und kürte sein Team zum ersten Gewinner der Henri-Delaunay-Trophäe. Jugoslawien hatte sich mit einem dramatischen 5:4 gegen Frankreich für dieses Finale qualifiziert und ging auch gegen die Sowjets furch Milan Galić in Führung. Dann bewahrte nur der überragende Yashin sein Team vor einem uneinholbaren Rückstand. Slava Metreveli gelang der Ausgleich, ehe Ponedelnik seinen Namen in die Fußball-Geschichte eintrug. "Dieses Tor in der 113. Minute war der wichtigste Treffer meiner ganzen Karriere", blickte er später auf diese historische Minute zurück.
1964: Spanien - Sowjetunion 2:1
Im heimischen Santiago Bernabéu holten sich die Spanier gegen den Titelverteidiger ihren ersten großen Titel. Unter den Augen von Diktator Franco gingen die Gastgeber durch Chus Pereda früh in Führung. Die UdSSR konnte durch Galimzyan Khusainov ausgleichen, doch dann bediente Luis Suárez perfekt Marcelino Martínez und dem gelang der Siegtreffer. "Wir waren eine perfekte Einheit", erinnerte sich Pereda. "Suárez dirigierte unser Orchester, aber wir hatten auch großartige Spieler wie Amancio und Marcelino. Es war ein fantastisches Team."
1968: Italien - Jugoslawien 2:0
Die Italiener schienen im Finale auf der Verliererstraße, als Džajić Jugoslawien nach 39 Minuten in Führung brachte. "Um ehrlich zu sein, hatten wir den Ausgleich nicht verdient", so Italiens Torhüter Dino Zoff heute. Doch Angelo Domenghini glich zehn Minuten vor Spielende aus und erzwang ein Wiederholungsspiel zwei Tage später. Italiens Trainer Ferruccio Valcareggi brachte Sandro Mazzola und Luigi Riva, Letzterer und Pietro Anastasi schossen die Tore beim 2:0-Sieg im zweiten Finale. "Wir haben definitiv verdient, dieses Spiel zu gewinnen", so Zoff. "Die Erinnerung daran ist immer noch frisch."
1972: Deutschland - Sowjetunion 3:0
Das Finale war eine einseitige Angelegenheit. Angetrieben von Franz Beckenbauer und Günter Netzer, traf Gerd Müller erneut zweimal, Herbert Wimmer erzielte den anderen Treffer beim sicheren 3:0-Erfolg. "Alles hat geklappt", erinnert sich Müller. "Wir harmonierten gut und haben uns untereinander gut verstanden, auch auf dem Platz. Mehr kann man nicht verlangen." Der Grundstein für Deutschlands WM-Titel zwei Jahre später war gelegt.
1976: Tschechoslowakei - Deutschland 5:3 n. E. (2:2 n.V.)
Was für ein Elfmeter! Wie schon im Halbfinale gegen Gastgeber Jugoslawien holte Deutschland auch im Finale gegen die Tschechoslowaken einen Zwei-Tore-Rückstand auf und erzwang eine Verlängerung. Dieter Müller und Bernd Hölzenbein trafen für die DFB-Elf, nachdem Ján Švehlík und Karol Dobiaš den Außenseiter in Führung gebracht hatten. Die Entscheidung sollte Geschichte schreiben. erstmals ging ein Finale in ein Elfmeterschießen und dort wurden die ersten sieben Strafstöße verwandelt, ehe Uli Hoeneß den Ball in den Nachthimmel jagte. Antonín Panenka lupfte den Ball schließlich aufreizend lässig in die Tormitte, dahin, wo Sepp Maier noch vor Kurzem gestanden hatte, ehe er sich für ein Eck entschieden hatte.
1980: Belgien - Deutschland 1:2
Die Bundesrepublik Deutschland meldete sich als Europas erfolgreichste Nation zurück und sicherte sich nach den Toren von Horst Hrubesch - der zweite Treffer gerade mal eine Minute vor dem Abpfiff - mit dem 2:1-Sieg den zweiten Titel bei einer UEFA-Europameisterschaft. Schon nach zehn Minuten bereitete der 20-jährige Spielmacher Bernd Schuster den ersten Treffer von Hrubesch perfekt vor. Die Belgier konnten die Partie nach einem Elfmetertor von René Vandereycken nach 75 Minuten zwar wieder offen gestalteten, ehe Hrubesch dann mit dem Schlusspfiff den Siegtreffer markierte.
1984: Frankreich - Spanien 2:0
Im Finale gegen Spanien im neuen Stadion Parc des Princes taten sich die Franzosen in der ersten Halbzeit schwer, doch Platini überwand nach 57 Minuten Spaniens Torhüter Luis Arconada mit einem Freistoß - sein neunter Treffer im fünften Spiel der Endrunde. Frankreich musste dann nach dem Platzverweis gegen Yvon Le Roux mit einem Spieler weniger auskommen, doch Bruno Bellone stellte mit seinem Treffer den 2:0-Endstand her, Frankreich hatte zum ersten Mal ein großes Turnier gewonnen. "Es war eine überwältigende Freude, Europameister zu werden", erklärte Platini. "Dass dies auch noch vor eigenem Publikum gelang, war das Sahnehäubchen."
1988: Niederlande - Sowjetunion 2:0
Fast 60 Prozent der niederländischen Bevölkerung fieberte beim Finale vor den Fernsehgeräten mit und sie sahen, wie ihr Team den Erfolg einfuhr, der den Helden der 1970er-Jahre versagt blieb. Mit seinen Dreadlocks war es Ruud Gullit, der per Kopf die Führung erzielte, Marco van Basten gelang mit seinem weltberühmten artistischen Volley - aus spitzem Winkel über Torhüter Rinat Dasaev hinweg, nach Vorarbeit von Arnold Mühren - die Entscheidung. Niederlandes Torhüter Hans van Breukelen hielt später einen Elfmeter, doch van Bastens Tor wird für immer die Erinnerung an dieses Finale prägen.
1992: Dänemark - Deutschland 2:0
Im Finale in Göteborg ging es für den Überraschungsfinalisten Dänemark gegen eine DFB-Elf, die ihr Halbfinale durch zwei Treffer von Karlheinz Riedle mit 3:2 gegen Gastgeber Schweden gewonnen hatte. Im Endspiel ging Dänemark nach 18 Minuten durch einen Treffer von Mittelfeldspieler John Jensen in Führung - eine Rarität, doch es war kein gewöhnliches Turnier. Kim Vilfort machte mit seinem Treffer das Märchen perfekt. Die Deutschen warfen zwar noch einmal alles nach vorne, doch Dänemarks Torhüter Peter Schmeichel hielt, was zu halten war.
1996: Tschechische Republik - Deutschland 1:2 nach Golden Goal
76 000 Zuschauer strömten ins Wembley-Stadion, um Deutschland in ihrem fünften kontinentalen Finale zu verfolgen, doch zunächst sah es nicht gut aus, als Patrik Berger einen Elfmeter für die Tschechen verwandelte. Deutschland blieb jedoch unbeeindruckt und Berti Vogts wechselte Oliver Bierhoff ein, der per Kopf den Ausgleich erzielte. Vier Minuten waren in der Verlängerung gespielt, da brach Bierhoff die Herzen der Tschechen. Sein Schuss mag nicht der härteste gewesen sein, doch er fand den Weg vorbei an Tschechiens Petr Kouba - das erste Golden Goal des Wettbewerbs entschied das Finale.
2000: Frankreich - Italien 2:1 n.V.
Italien stand zum ersten Mal seit 1968 im Finale, Marco Delvecchio brachte das Team gegen Frankreich mit 1:0 in Führung. Frankreich schien die Zeit davon zu laufen, denn sie lagen weit in der Nachspielzeit in Rotterdam noch immer mit 0:1 zurück, als Einwechselspieler Sylvain Wiltord einen Flachschuss unter Francesco Toldo hindurch ins Netz schob und die Verlängerung erzwang. Damit lag der psychologische Vorteil bei den Franzosen, und in der 13. Minute der Verlängerung brachte eine Koproduktion der beiden anderen französischen Einwechselspieler den Sieg. David Trezeguets Volley sorgte für einen weiteren Turniersieg durch Golden Goal.
2004: Portugal - Griechenland 0:1
Das Finale in Lissabon war eine hart umkämpfte Angelegenheit. Portugal hatte den Schock des verlorenen Eröffnungsspiels mittlerweile prächtig verdaut und war fest entschlossen, den heimischen Fans den lang ersehnten Titel zu schenken. Doch die Griechen hatten ihre eigenen Pläne. Wie in den Spielen zuvor stand eine von Innenverteidiger Traianos Dellas dirigierte Abwehr wie ein Mann, das Mittelfeld wurde von Theodoros Zagorakis dirigiert, der zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde, und ein Stürmer in der Form von Angelos Charisteas brach schließlich die Herzen der Portugiesen. Der damalige Bremer erzielte nach etwa einer Stunde mit einem Kopfball nach einer Ecke den einzigen und entscheidenden Treffer des Endspiels. Griechenland war im siebten Himmel.
2008: Deutschland - Spanien 0:1
Fernando Torres erzielte im Endspiel den einzigen Treffer, nachdem er zuvor Philipp Lahm hatte stehen lassen und dann das Leder eiskalt an Jens Lehmann vorbei ins Tor schob. Die "Roja" hatte endlich das geschafft, was so viele ihrer Vorgängerteams vergebens angestrebt hatten: das eigene Potenzial voll auszuschöpfen. Vater des Erfolges war ohne Zweifel Aragonés, dem es gelungen war, einen Kader voller Talente über viele Wochen in bester Stimmung zu halten. Seine Mannschaft brillierte mit Tempofußball, präzisem Passspiel und körperlicher Fitness und sicherte sich am Ende unangefochten den ersten Titel seit der UEFA-Europameisterschaft 1964.
2012: Spanien - Italien 4:0
Gegen eine vom Halbfinalsieg gegen die DFB-Elf völlig erschöpfte italienische Mannschaft kam der Titelverteidiger zu einem mühelosen Sieg. David Silva brachte Spanien nach 14 Minute per Kopf - bei ihm eine echte Rarität - in Führung, Jordi Alba besorgte noch vor der Pause mit seinem ersten Länderspieltor das 2:0. Im zweiten Durchgang wurde der eingewechselte Thiago Motta auf einer Trage vom Platz gebracht, Italien musste die Partie mit zehn Mann beenden. Spaniens Joker Torres und Juan Mata nutzten die numerische Überlegenheit zu zwei weiteren Treffern.
2016: Portugal - Frankreich 1:0 n.V.
Die Erwartungshaltung war klar: Im eigenen Land sollte Frankreich erneut Europameister werden. Die Zeichen standen gut: Portugal hatte in der Gruppenphase kein Spiel gewonnen und Topstar Cristiano Ronaldo sollte sich gleich zu Beginn am Knie verletzen. Aber das Team von Fernando Santos zeigte Moral, erzwang die Verlängerung und belohnte sich mit einem Tor des eingewechselten Éder in der 109. Minute für die Mühen. "Ronaldo hat gesagt, dass ich das Siegtor schießen werde", sagte der Matchwinner. "Das hat mir Stärke und positive Energie gegeben." Und den ersten großen internationalen Titel.
2020: Italien - England 1:1 n.V., 3:2 i.E.
Als Luke Shaw bereits in der zweiten Minute die Führung für England markierte und das Wembley in ein Tollhaus verwandelte, durften sich die Three Lions große Hoffnungen auf ihren ersten EM-Titel machen. Doch zwei Stunden Spielzeit und ein hochdramatisches Elfmeterschießen später herrschte bei den meisten Fans in London eine totale Schockstarre. Italien war Mitte der zweiten Halbzeit durch Leonardo Bonucci zum Ausgleich gekommen und zeigte im Elfmeterschießen die besseren Nerven. Für die Azzurri war es der zweite EURO-Triumph nach 1968.