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Leipzig auf den Spuren von Kaiserslautern?

1998 wurde in der Bundesliga Geschichte geschrieben: Mit Kaiserslautern holte erstmals ein Aufsteiger die Meisterschaft! Gut zehn Jahre später machte Hoffenheim die Liga unsicher, jetzt Leipzig – wir blicken zurück.

Leipzig feiert: Auch ein gewohntes Bild in der Rückrunde?
Leipzig feiert: Auch ein gewohntes Bild in der Rückrunde? ©Getty Images

"So etwas wird es nie wieder geben", frohlockte Trainerfuchs Otto Rehhagel, nachdem er mit Kaiserslautern 1998 die Deutsche Meisterschaft eingefahren hatte – als Aufsteiger.

Bis dato sollte der ehemalige Coach Recht behalten, auch wenn gut zehn Jahre später Hoffenheim die Bundesliga zwischenzeitlich in ihren Grundfesten erschütterte und jetzt mit Leipzig der nächste Kandidat für eine Sensationsmeisterschaft aufgetaucht ist. Doch der Reihe nach…

Otto Rehhagel 1998 mit der Meisterschale
Otto Rehhagel 1998 mit der Meisterschale©Getty Images

Wir schreiben den 18. Mai 1996: Kaiserslautern kassiert in der Schlussphase den Ausgleich in Leverkusen und muss erstmals in seiner Vereinsgeschichte absteigen. Die ganze Pfalz rund um Weltmeister Andy Brehme trauerte, doch mit der Verpflichtung von Rehhagel herrschte schnell eine neue Aufbruchsstimmung. Die Mannschaft, die im Kern zusammengeblieben war und aus zahlreichen erfahrenen Akteuren bestand, marschierte souverän durchs Unterhaus und machte den Betriebsunfall Abstieg mit der sofortigen Bundesliga-Rückkehr wieder wett.

Der Spielplanleiter meinte es aber scheinbar nicht gut mit dem Aufsteiger, dem zum Auftakt gleich mal die höchstmögliche Hürde beschert wurde - ein Auswärtsspiel beim amtierenden Meister Bayern München, der Rehhagel gut zwölf Monate zuvor vom Hof gejagt hatte. Doch die selbstwussten Roten Teufel feierten einen 1:0-Überraschungserfolg im Olympiastadion und übernahmen am vierten Spieltag den Platz an der Sonne, den sie bis zum Ende nicht mehr abgaben – bereits am 33. Spieltag war der Gewinn der Sensationsmeisterschaft perfekt.

"Da haben wir gemerkt, dass wir mit allen mithalten können", erinnert sich Torschütze Michael Schjønberg an den Coup in München. "Auch wenn es blöd klingt, durch die vielen Siege in der 2. Liga hatten wir uns ans Gewinnen gewöhnt und haben einfach weitergemacht." Und auch Rehhagel war die historische Dimension bewusst, erstmals überhaupt einen Aufsteiger zur Meisterschaft geführt zu haben: "Ein unglaubliches Märchen ist zu Ende gegangen. Ein Traum ist wahr geworden. Der FCK ist nun die Hauptstadt der Fußball-Welt."

Ciriaco Sforza, Michael Ballack und Oliver Schäfer feiern 1998 Kaiserslauterns großen Triumph
Ciriaco Sforza, Michael Ballack und Oliver Schäfer feiern 1998 Kaiserslauterns großen Triumph©Getty Images

Ein weiteres Märchen bahnte sich 2008 an, als Aufsteiger Hoffenheim – damals noch als Dorfverein verspottet – mit erfrischendem Offensivfußball eine bärenstarke Hinrunde aufs Parkett legte und am 14. Dezember sensationell Herbstmeister wurde. Dass Hoffenheim kein "normaler" Aufsteiger war, der erst mal die Klasse halten will, war schon zu Saisonbeginn klar, doch mit diesem Erfolg hatte keiner gerechnet, auch nicht Mäzen Dietmar Hopp: "Man stelle sich vor, Herbstmeister vor dem FC Bayern, ich bin mehr als glücklich und stolz."

Einen Einbruch in der Rückrunde vermochte sich Ralf Rangnick damals nicht vorzustellen, man werde mit der Rolle des Gejagten schon zurechtkommen. "Wir sind ja nicht zum ersten Mal Tabellenführer", erklärte der damalige Trainer nach Abschluss der Hinrunde, doch nach dem Ausfall von Torjäger Vedad Ibišević, der in der Hinrunde 18 Mal getroffen und im Januar einen Kreuzbandriss erlitten hatte, lief in der zweiten Halbserie nicht mehr viel zusammen. Hoffenheim blieb zwölf Partien in Folge ohne Sieg und verpasste sogar das internationale Geschäft.

Vedad Ibišević, hier gegen die Bayern, ballerte Hoffenheim 2008 zur Herbstmeisterschaft
Vedad Ibišević, hier gegen die Bayern, ballerte Hoffenheim 2008 zur Herbstmeisterschaft©Getty Images

Welchen Weg wird nun Leipzig einschlagen? Die Truppe von Ralph Hasenhüttl, der mit Sportdirektor Rangnick ein kongeniales Duo bildet, ist wie Hoffenheim alles andere als ein "normaler" Neuling und steht zur Winterpause auf Rang zwei, doch zuletzt bekam Leipzig bei Spitzenreiter Bayern die Grenzen aufgezeigt, als die jungen Himmelsstürmer bei der 0:3-Klatsche nicht den Hauch einer Chance hatten. "Das war eine Lehrstunde, eine Topvorstellung der Bayern", musste Hasenhüttl neidlos anerkennen.

Sei's drum, mit seinem überfallartigen Umschaltfußball wusste der zwischenzeitliche Tabellenführer die Liga zu beeindrucken und dürfte auch 2017 eine starke Rolle spielen. Im Normalfall führt die Meisterschaft nur über den FC Bayern, doch Wunder gibt es immer wieder, womit Leipzig – wie Rehhagel seinerzeit – mit einem Schlag auch seine Kritiker verstummen lassen könnte: "Nach einer solchen unglaublichen Aufführung gibt es in der Oper nur eins: Maul halten und klatschen."

Ralf Rangnick, 2008 Hoffenheims Vater des Erfolgs, beeindruckt jetzt auch mit Leipzig
Ralf Rangnick, 2008 Hoffenheims Vater des Erfolgs, beeindruckt jetzt auch mit Leipzig©Getty Images