Technischer Bericht zur UEFA Champions League 2022/23: Aufbauspiel und Dauerläufer
Samstag, 19. August 2023
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Die UEFA Champions League bot in der Saison 2022/23 einmal mehr viel Dramatik und Spannung.
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In der UEFA Champions League 2022/23 gab es wieder jede Menge Gesprächsstoff, über den man diskutieren konnte. Am Ende triumphierte Manchester City dank eines 1:0-Erfolgs gegen Inter in Istanbul erstmals in der Königsklasse.
Die Technischen Beobachter der UEFA haben einige der interessantesten Erkenntnisse analysiert, darunter das Aufbauspiel von hinten heraus, Benficas Dauerläufer und das herausragende Torwartspiel von André Onana.
1) Tore stehen an erster Stelle
In der UEFA Champions League 2022/23 wurden 372 Treffer erzielt, das sind 2,98 Tore pro Spiel. Erstmals beendete Man City die Saison als torhungrigstes Team mit 32 Treffern.
Der produktivste Fünf-Minuten-Zeitraum war zwischen der 46. und 50. Minute mit 24 Toren – gefolgt von der 51. bis zur 55. Minute (23 Treffer).
Diese Spielzeit war ein weiterer Beweis für die Bedeutung des ersten Treffers im Eliteklubfußball. In den 117 Spielen, in denen ein oder mehrere Tore fielen, holte die Mannschaft, die zuerst traf, in 90 Prozent der Partien mindestens ein Unentschieden. In 88 Matches gewann sie.
2) Aufbauspiel von hinten heraus
Der Trend, dass die Mannschaften von hinten heraus spielen, wird durch die Statistik verdeutlicht, dass 2022/23 der Ball bei 44 % der Torabstöße den Strafraum nicht verlassen hat. Über vier Spielzeiten hinweg hat sich diese Zahl seit 2019/20, als sie bei 24 % lag, fast verdoppelt.
Inter hat sich im Vergleich zur Spielzeit davor stark verändert, als, mit Samir Handanović im Tor, ein Großteil der Abstöße den eigenen Strafraum nicht verließ (69 %) – dies ist darauf zurückzuführen, dass fast die Hälfte von Verteidigern ausgeführt wurde.
Diesmal stand Onana im Tor, und in einer Mannschaft, deren schnelle, vertikale Spielweise von den Technischen Beobachtern der UEFA hervorgehoben wurde, stellte er die ganze Bandbreite seiner Abstoßkünste unter Beweis. Onana zeigte ein gutes Urteilsvermögen bei der Auswahl seiner Zuspiele, indem er sowohl kurze als auch lange Pässe schlug und auch Bälle zu seinen Außenverteidigern oder weiter nach vorne spielte. Infolgedessen verdoppelte Inter seine durchschnittliche Passdistanz – von 17,6 Meter, dem zweitniedrigsten Wert 2021/22, auf 33,4 Meter.
3) Peps Ballbesitzfußball
Pep Guardiolas Man City verzeichnete die meisten Vorstöße aus dem Mittelfeld in den Angriff (481), was eine Folge des hohen Ballbesitzes – ein unübertroffener Durchschnittswert von 66 % in der Gruppenphase – vor allem im Mittelfeld und letzten Drittel war. In Anbetracht der Spielweise der Katalanen wird es kaum jemanden überraschen, dass Barcelona (65 % Ballbesitz) mit 426 versuchten Vorstößen ins letzte Drittel und 225 von der Abwehr ins Mittelfeld einen ähnlichen Wert aufwies.
Ein Faktor dabei könnte sein, dass sich die gegnerischen Mannschaften gegen die oben genannten Vereine weiter zurückziehen. Ein erfahrener Trainer sagte, wenn sich Teams in einem 5-4-1- oder 5-3-2-System tief zurückziehen, "spielt sich dein Spielaufbau bereits in der gegnerischen Hälfte ab".
4) Benficas Dauerläufer
Viertelfinalist Benfica war die Mannschaft, die im Durchschnitt die meisten Kilometer pro Spiel zurücklegte und in sechs ihrer zehn Partien mehr als 120 Kilometer abspulte. Um dies in den Kontext ihrer Spielweise zu stellen, hatten sie zwei Außenverteidiger, die hoch auf dem Spielfeld agierten, und drei kreative Mittelfeldspieler in einem 4-2-3-1, die ständig rotierten und Mittelstürmer Gonçalo Ramos unterstützten.
Beim Heimsieg gegen Juventus nannte der Beobachter weitere Gründe für die zurückgelegte Distanz: schnelles Passspiel mit vielen Positionswechseln und sofortige Versuche, das Leder nach Ballverlusten zurückzugewinnen. Und mit einem durchschnittlichen Ballbesitzanteil von 49 % in den zehn Spielen mussten die Portugiesen den Ball häufiger zurückerobern als Mannschaften, die den Ballbesitz dominierten.
Am anderen Ende, nach zwei Spielzeiten auf dem letzten Platz, steht Paris Saint-Germain als zweitschlechteste Mannschaft nur unwesentlich besser als Maccabi Haifa da.
5) Hochgeschwindigkeitsfußball
Bayerns Alphonso Davies erreichte mit einem Sprint von 37,1 km/h während des Gruppenspiels bei Inter den höchsten Geschwindigkeitswert der abgelaufenen Saison. Der Kanadier spielte an diesem Abend als Linksverteidiger und nutzte seine Schnelligkeit, um in Angriffspositionen vorzustoßen, während Leroy Sané nach innen rückte. Wie der Spielbeobachter feststellte, war die Schnelligkeit des Kanadiers von grundlegender Bedeutung für das hervorragende Umschaltspiel der Bayern.
Davies war auch deutlich schneller als die beiden nächstplatzierten Mykhailo Mudryk vom FC Chelsea und Ousmane Dembélé vom FC Barcelona, deren Höchstgeschwindigkeit 36,6 km/h betrug. Mudryk erreichte diesen Wert, als er für seinen früheren Verein Shakhtar in der Gruppenphase bei Celtic spielte, wo er nach schnellem Umschalten den Ausgleichstreffer erzielte und dank seines Tempos sowie seiner Dribbelkünste stets eine Gefahr darstellte.
Ein weiterer Spieler, den es hervorzuheben gilt, ist Karim Adeyemi von Borussia Dortmund, der seine Höchstgeschwindigkeit von 36,1 km/h im Achtelfinal-Hinspiel zu Hause gegen Chelsea erreichte, als er aus der eigenen Hälfte heraus lossprintete und ein fabelhaftes Tor erzielte – was seinen Trainer Edin Terzić dazu veranlasste, ihn scherzhaft mit der Zeichentrickfigur Road Runner zu vergleichen.
6) André Onana überragt
Inter-Torhüter Onana war 2022/23 der beste Torhüter, sowohl was die Anzahl der Partien ohne Gegentor als auch die Anzahl der verhinderten Tore angeht. Der Kameruner ist nach Francesco Toldo in der Spielzeit 2002/03 der zweite Inter-Torhüter, der in einer Champions-League-Saison achtmal zu Null spielte. Allerdings bestritt Toldo 18 Partien (darunter ein Duell in der Qualifikation mit zwei Spielen), während Onana nur 13 Partien absolvierte.
Er beeindruckte die UEFA-Beobachter auch mit seinem guten Auge für Pässe. Wie Guardiola nach dem Finale über den Kameruner sagte: "Sie haben den unglaublichen Onana auf der Position eines defensiven Mittelfeldspielers spielen lassen."