Szabo bleibt Dynamos Tradition treu
Dienstag, 14. September 2004
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FC Dynamo Kyivs neuer Trainer Jozsef Szabo will den Verein von Grund auf erneuern.
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Von Jonathan Wilson
Viele Vereine leben im Schatten der eigenen Vergangenheit, aber beim FC Dynamo Kyiv setzt man mehr Wert auf Tradition, als bei manch anderem Klub. So ernannte man kurzerhand den Vizepräsidenten Jozsef Szabo zum neuen Trainer, nachdem man Oleksiy Mykhailychenko nach der Hinspielniederlage in der Qualifikation zu UEFA Champions League gegen Trabzonspor gefeuert hatte.
Sehr erfolgreich
Als ehemaliger Spieler von Dynamo und der sowjetischen Nationalmannschaft war Szabo bereits zwischen der zweiten und dritten Amtszeit des legendären Valeriy Lobanovskiy Trainer des Vereins. Dabei war er sehr erfolgreich und gewann neben vier Meisterschaften auch vier Mal den Pokal. Noch immer spürt man jedoch den Einfluss des mittlerweile verstorbenen "Generals".
Kontinuierliches Training
"Seit der Amtszeit von Lobanovskiy haben wir uns an das gleiche Trainingsprogramm, das von unserem speziellen Trainingslabor entwickelt wurde, gehalten", erzählte Szabo gegenüber uefa.com. "Auch wenn es unseren Spielern in der Vergangenheit gegenüber den westlichen Spielern an technischen Fähigkeiten gemangelt hat, konnten wir dies durch gute Kondition ausgleichen. Und weil wir viel arbeiten und viel laufen konnten, hat Dynamo [in der Saison 1985/86] den Pokal der Pokalsieger gewinnen können.
Ähnliche Denkweise
"Das Labor entwickelte einen Trainingsplan und reichte diesen an Lobanovskiy weiter. Er las ihn durch und nahm nach seinem Ermessen Veränderungen vor. So habe ich es auch gemacht. Das Labor hat mir etwas gezeigt und ich habe es leicht verändert. Da ich wusste was Lobanovskiy gemacht hätte, habe ich versucht, es genauso umzusetzen."
Rasante Weiterentwicklungach
Glaubt man Dynamos Mittelfeldspieler Andriy Husin, lag Lobanovskiys Erfolg in der Erkenntnis, dass "Fußball niemals still steht". Szabo ist sich der Gefahr einer Stagnation ebenfalls bewusst: "Da sich die Zeiten verändert haben, ist es wichtig, einige Veränderungen in unserer Spielweise einzuführen", meinte er.
Einheimische Talente
Natürlich beschäftigt sich der 64-Jährige mit der Taktik der Mannschaft, aber sein größtes Augenmerk liegt auf der Transferpolitik des Vereins. Er will zu alten Zeiten zurückkehren, als Dynamo die Talente selber ausbildete. Kurioserweise wurde er in seiner ersten Amtszeit heftig kritisiert, weil er viele ausländische Spieler verpflichtete.
Schwierige Zeiten
"Nach dem Fall der Sowjetunion war es für uns sehr schwer", sagte er. "Viele Spieler gingen nach Russland oder in den Westen, also hatten wir in den ersten Jahren der Unabhängigkeit einen Spielermangel. In diesen ersten Jahren wären unsere Akademien fast zugrunde gegangen, also mussten wir mehr oder weniger talentierte Spieler kaufen, um den Verein am Leben zu halten. Sie kamen aus Bulgarien, Kroatien, Rumänien oder anderen Nachbarstaaten. Mit dieser Politik konnten wir uns jedes Jahr in der [UEFA] Champions League halten. Dann haben wir wieder angefangen, unsere Schulen neu aufzubauen."
Zukunftspläne
Seiner Ansicht nach liegt darin auch die Zukunft: "Es ist mein eigener Grundsatz, dass wir nur noch einen oder zwei Ausländer kaufen sollten. Aber auch nur für Positionen, auf denen die Mannschaft Bedarf hat", erklärte er. "Unser Hauptaugenmerk richtet sich darauf, eine gute Mannschaft aus einheimischen Spielern zu haben. Wenn das nicht der Fall ist, haben wir nichts für die Zukunft, und, was noch viel wichtiger ist, wir haben keine Nationalmannschaft. Wir haben einige gute Jungs aus dem 1985er Jahrgang, und auch der Jahrgang von 1987 ist sehr viel versprechend."
Kalkulierte Risiken
Es ist ein riskanter Plan, aber laut Szabo ist es für den Verein und den Fußball in der Ukraine notwendig. "Wir gehen das Risiko ein, die Meisterschaft nicht zu gewinnen. Darauf muss jeder vorbereitet sein", warnte er. "Wenn wir auf eine große Zukunft hinarbeiten wollen, muss man dafür ein gewisses Risiko eingehen."