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Beim FC Randers bekommen alle eine Chance

Andreas Jakobsen und Oliver Svangren, die an Autismus bzw. Down-Syndrom leiden, sind begeisterte Fans des dänischen Erstligavereins FC Randers und haben die Chance erhalten, im Rahmen eines sozialen Projekts für behinderte Jugendliche Arbeitserfahrungen im Klub zu sammeln.

Autismus und Down-Syndrom halten Andreas und Oliver nicht von ihrem Fußball-Traum ab

Jeden Monat berichtet die UEFA im Rahmen ihrer Kampagne #EqualGame über eine Person aus einem ihrer 55 Mitgliedsverbände. Sie alle sind Beispiele dafür, wie der Fußball Inklusion, Zugang zum Sport und Vielfalt fördert und dass Behinderung, Religion, sexuelle Orientierung, ethnische Zugehörigkeit und soziale Herkunft kein Hindernis sind, Fußball zu spielen und Spaß daran zu haben.

Der FC Randers aus Dänemark bietet ein hervorragendes Beispiel für einen sozial verantwortlich handelnden Fußballverein, der sich bemüht, die lokale Bevölkerung über Inklusionsprojekte zusammenzubringen. Hier geben zwei begeisterte Nachwuchsfans einen Einblick in die tollen Erfahrungen, die sie bei dem Erstligaklub gemacht haben.

Der 17-jährige Andreas Jakobsen und der 16-jährige Oliver Svangren nehmen am Mini-Trainee-Programm des FC Randers teil, einem Projekt, das behinderten Jugendlichen ein vereinsinternes Praktikum in unterschiedlichen Bereichen ermöglicht.

Erstligapartie zwischen dem FC Randers (in Blau) und dem BK Vejle.
Erstligapartie zwischen dem FC Randers (in Blau) und dem BK Vejle.©UEFA via Getty Images

Andreas, der an Autismus leidet, und Oliver, der das Down-Syndrom hat, gehören zu einer kleinen Gruppe von Jugendlichen, die so einen Beitrag zum Betrieb des Vereins aus der 62 000-Einwohner-Stadt in Ostjütland leisten.

Die beiden fußballbegeisterten Anhänger des FC Randers freuen sich über diese Chance, noch enger an ihren Verein, dessen Aktivitäten sie Woche um Woche mit viel Leidenschaft verfolgen, heranzurücken.

Die Praktika sind das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen dem Klub und der örtlichen Sonderschule Vesterbakkeskolen (VBS) für 7- bis 17-Jährige mit körperlichen oder geistigen Behinderungen. Die Kooperation zielt darauf ab, den Kindern und Jugendlichen zu möglichst vielen positiven Fußballerlebnissen zu verhelfen, insbesondere in Verbindung mit dem FC Randers. 

Andreas beim Vorbereiten eines Tischs für die Vereinsführung.
Andreas beim Vorbereiten eines Tischs für die Vereinsführung.©UEFA via Getty Images

Andreas und Oliver arbeiten einige Tage pro Woche während der Unterrichtszeiten für den Klub. Andreas’ Aufgabe besteht darin, Sitzungsräume herzurichten, Tische und Stühle aufzustellen und alles für Veranstaltungen der Klubführung benötigte Material zurecht zu legen, während Oliver in der Küche bei der Zubereitung und Ausgabe des Mittagessens für Spieler und Angestellte hilft.

Oliver bei seiner Arbeit in der Küche.
Oliver bei seiner Arbeit in der Küche.©UEFA via Getty Images

Beide Praktikanten sind begeistert von dieser Erfahrung, dank der sie den Spielern und vielen anderen Personen aus dem Verein ganz nahe kommen. Dieses Experiment hat zu einer engen Bindung zwischen den Jugendlichen, dem FC Randers und der VBS geführt, die für alle Beteiligten viel Positives mit sich bringt.

So haben Andreas und Oliver den Fußball zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht. „Ich liebe Fußball“, gesteht Oliver, und sein Teamkamerad aus der Schulmannschaft fügt an, dass Fußball ein sehr, sehr wichtiger Teil seines Lebens sei.

Nach der Schule spielen die beiden in Breitensport-Teams, die auf die Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen Rücksicht nehmen. Andreas spielt darüber hinaus in einer Special-Olympics-Mannschaft eines örtlichen Vereins.

Oliver möchte sein Können weiter verbessern.
Oliver möchte sein Können weiter verbessern.©UEFA via Getty Images

Beide sind wissbegierig und gehen gern zur Schule. Neben dem schulischen Lehrstoff lernen die Jugendlichen dort auch wichtige Lektionen fürs Leben. So hat Oliver die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass stets genug zu essen da ist. Zusammen mit seinen Klassenkameraden stellt er eine Einkaufsliste zusammen, bevor er gemeinsam mit der Lehrkraft die wöchentlichen Vorräte einkaufen geht.

Auf dem Platz ist Oliver Torhüter – er verfügt über die Gelenkigkeit und die Reflexe, die man auf dieser Position braucht. „Ich will Torwart sein. Ich glaube, ich bin sehr gut, ich mache gute Paraden“, sinniert er. „Aber ich will immer noch besser werden.“

Der Teenager hat insbesondere zwei Vorbilder: Patrik Carlgren und Frederik Due, die beiden Schlussmänner des FC Randers. Doch er schwärmt auch von den Leistungen von Dänemarks talentiertem Nationaltorwart Kasper Schmeichel.

Der Fußball hat sich für Andreas als großes Glück erwiesen.
Der Fußball hat sich für Andreas als großes Glück erwiesen.©UEFA via Getty Images

Andreas infizierte sich schon früh mit dem Fußballvirus: „Ich glaube, ich war sechs, als ich zum ersten Mal Fußballschuhe anhatte“, erzählt er. „Ich mag diese Sportart sehr, weil sie so einfach und unkompliziert ist.“

Der Fußball hilft ihm auch, seine Menschenscheu zu überwinden. „Mit das Schwierigste überhaupt ist für mich, wenn ich jemanden treffe, den ich sehr gut kenne – auf ihn zuzugehen und ein Gespräch anzufangen.

Es gibt viele Arten von Autismus. Meine Variante der Krankheit macht es für mich schwierig, Dinge zu erklären und mit anderen zu reden. Aber wenn über Fußball gesprochen wird, fällt es mir leicht, mich ins Gespräch einzuklinken, denn über Fußball diskutiere ich gern.“

Andreas und Oliver mit Randers-Profi Jonas Bager.
Andreas und Oliver mit Randers-Profi Jonas Bager.©UEFA via Getty Images

Sowohl Andreas als auch Oliver wissen genau um die besonderen Bande, die durch die aktive und passive Teilnahme am Fußball – sei es als Mitglied ihrer Mannschaften oder im Kontakt mit den Spielern, die sie bei jedem Heimspiel von den Rängen des städtischen Stadions aus anfeuern – entstehen.

„Teil des Ganzen zu sein, bedeutet mir sehr viel“, betont Andreas. „Und dass ich hier arbeite, hat mich zu einem noch größeren Fan werden lassen.“

Beim Essen sitzen die Nachwuchsmitarbeiter mit den Spielern an einem Tisch. „Das ist eine Wahnsinnserfahrung“, findet Andreas. „Einfach daneben zu sitzen und mit ihnen zu reden, als wäre es das Normalste auf der Welt, dass die Spieler Interesse daran haben, mit uns zu sprechen und zu unserem Leben zu gehören. Deshalb wollen wir auch zu ihrem Leben gehören. Wenn wir uns freuen, freuen sie sich auch.“

Oliver stimmt dem voll und ganz zu. „Es ist cool“, beschreibt er die Kontakte mit der Mannschaft lapidar. „Ich sitze gern mit den Spielern am selben Tisch, sie stellen mir Fragen zum Fußballspielen.“

Diese bewundernswerte Kooperation zwischen Verein und Schule wirkt sich positiv auf die Probanden aus, wie Andreas bezeugt.  „Bevor ich zum Klub kam, habe ich mich sehr isoliert gefühlt. Ich bin nicht oft rausgegangen, habe wenig mit Leuten geredet. Doch seit ich beim Verein bin, spreche ich viel mit anderen.“

Oliver als Spielerbegleiter beim Einlaufen ins Stadion.
Oliver als Spielerbegleiter beim Einlaufen ins Stadion.©UEFA via Getty Images

Die Jugendlichen haben ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zum Klub entwickelt, der ihnen bei Heimspielen oft Eintrittskarten schenkt. An manchen Spieltagen begleiten sie die Spieler aufs Feld, und als die Schulmannschaft der VBS kürzlich bei einem nationalen Turnier antrat, stellte der FC Randers seinen Mannschaftsbus ohne Gegenleistung zur Verfügung.

„Ich habe das Gefühl, dass ich hier jederzeit willkommen bin“, erklärt Andreas. „Es ist immer jemand da, der mir bei Alltagsproblemen hilft. Deshalb ist das so ein super Verein. Und das Mini-Trainee-Programm ist eine tolle Sache, hinter der ich voll und ganz stehe.“ Dank dem Fußball fällt es Andreas nun leichter zu verstehen, dass es im Leben ganz normal ist, Fehler zu machen, und dass man immer eine zweite Chance bekommt.

Das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Offenheit im Fußball haben die beiden Teenager geprägt. Oliver fasst seine Gefühle in einem Wort perfekt zusammen: Gemeinschaft. „Auch wenn manche Menschen anders sind“, erläutert Andreas, „können sie doch im Fußball eine gemeinsame Basis finden.

Es ist ein Sport, der die Menschen einen kann. Selbst an einem kalten Winterabend kommen die Menschen auf den Platz, um zusammen zu spielen – das schafft nur der Fußball.

Ich spiele in einem Special-Olympics-Team mit anderen Jungs mit Behinderungen und anderen Schwierigkeiten. Dort sind alle irgendwie in derselben Situation wie ich – und wir sind alle gleich. Ich glaube, dass auf einem Fußballfeld alle Menschen gleich sind. Es ist eine Art von Gemeinschaft.“

Oliver auf der Tribüne in einem handsignierten Trikot.
Oliver auf der Tribüne in einem handsignierten Trikot.©UEFA via Getty Images

Andreas Jakobsen und Oliver Svangren haben beide ihre Träume und Ziele. Neben seinen Torwartambitionen hat Oliver einen ganz speziellen Traum: „Ich trainiere für den Fladbro-Lauf“, verrät er. Der Fladbro Løbet ist ein jährliches Event, bei dem Menschen aller Altersklassen eine sieben Kilometer lange Strecke im nahe gelegenen Wald gleichen Namens laufen oder gehen. „Ich will noch besser werden und nach Fladbro laufen.“ Eine weitere Aufgabe sieht er darin, den FC Randers mit seiner Unterstützung von der Tribüne in die Meisterschafts-Playoffs der dänischen Superligaen zu tragen. „Ich will, dass sie gewinnen und unter die ersten Sechs kommen“, betont er.

Andreas hat der Job beim FC Randers zu mehr Selbstbewusstsein verholfen, was sich sowohl auf seine sozialen Beziehungen als auch auf seine schulische Entwicklung erfreulich ausgewirkt hat. Der Zukunft sieht er positiv entgegen.

„Ich habe eindeutig das Gefühl, von Tag zu Tag selbstsicherer zu werden. Ich fühle mich nun in der Lage, in die Welt hinauszugehen, eine Familie zu gründen, von zu Hause wegzuziehen. Ich bin jetzt eher bereit als früher, ein eigenes Leben in Angriff zu nehmen.“

„Man kann alles werden, was man will.“ – Andreas im Stadion seines Vereins.
„Man kann alles werden, was man will.“ – Andreas im Stadion seines Vereins.©UEFA via Getty Images

Andreas hat einen guten Rat für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen: „Macht einfach das Beste aus dem, was ihr habt. Ich glaube, man kann alles werden, was man will. Letztendlich ist Autismus keine so große Sache.
Es ist einfach eine Besonderheit, die manche Menschen haben.“

Der FC Randers ist stolz, mit seinem Mini-Trainee-Programm einen Beitrag zur EqualGame-Kampagne der UEFA zu leisten. „Andreas, Oliver und die anderen Praktikanten blühen regelrecht auf, wenn sie bei uns sind“, erklärt CEO Henrik Jørgensen. „Uns ist klar geworden, was es ihnen bedeutet, bei einem Verein wie dem FC Randers dabei sein zu können, und wie viel Spaß sie daran haben – und uns macht es genauso viel Freude.“