UEFA.com funktioniert besser bei anderen Browsern
Um das bestmögliche Erlebnis zu haben, empfehlen wir, Chrome, Firefox oder Microsoft Edge zu verwenden.

Als der europäische Kalender Form annahm

Die UEFA

Hans Bangerter, UEFA-Generalsekretär von 1960 bis 1988, berichtet über die damalige Arbeitsweise der UEFA – und darüber, wie die festen Spieldaten in den UEFA-Klubwettbewerben eingeführt wurden.

Im Halbfinale des Pokals der europäischen Meistervereine von 1968 trafen Manchester United (in Rot) und Real Madrid aufeinander.
Im Halbfinale des Pokals der europäischen Meistervereine von 1968 trafen Manchester United (in Rot) und Real Madrid aufeinander. ©Getty Images

Seit der Schaffung des Pokals der europäischen Meistervereine 1955 hat die UEFA ihre Klubwettbewerbe kontinuierlich weiterentwickelt und deren Struktur angepasst. Ein wichtiger Schritt in dieser Entwicklung war die Einführung fester Spieldaten vor rund fünfzig Jahren. Der damalige UEFA-Generalsekretär Hans Bangerter erinnert sich...

Zuvor war es gemäß Reglement den Vereinen überlassen, ihre Spiele innerhalb eines großzügigen zweimonatigen Zeitfensters selber anzusetzen.

Hans Bangerter
Hans Bangerter©UEFA.com

Dies ging indessen nicht ohne Probleme vonstatten, da die Interessen der beiden Teams aufgrund ihrer nationalen Wettbewerbe und Gepflogenheiten sowie aufgrund der Wünsche ihrer Sponsoren und der Medien ihres Landes stark auseinandergingen. „Wenn sich die Klubs nicht einigen konnten, wendeten sie sich an die UEFA und auf meinem Schreibtisch stapelten sich die Anfragen. Ich war völlig überlastet, so konnte es nicht weitergehen. Wir mussten etwas ändern“, erinnert sich der damalige UEFA-Generalsekretär Hans Bangerter. 

Nach einer eingehenden Lagebeurteilung machte Hans Bangerter Nägel mit Köpfen: Er schlug vor, den Vereinen feste Spieldaten aufzuerlegen, zunächst nur für das Sechzehntel- und Achtelfinale, wo die meisten Partien anfielen. Der Vorschlag stieß auf zahlreiche Widerstände, doch nach Konsultierung der Organisationskommissionen des Meister- und des Pokalsiegerpokals, der Kommission für Nichtamateur- und Berufsfußball sowie der Nationalverbände stimmte das Exekutivkomitee dem neuen Konzept bei seiner Sitzung vom 20. März 1967 in Wien zu. So wurden für die Sechzehntel- und Achtelfinalbegegnungen der nächsten drei Saisons (d.h. bis 1969/70) feste Termine eingeführt; diese Maßnahme entsprach zudem dem Bestreben der Exekutive, die Wettbewerbsorganisation zu vereinfachen und nur noch ein Reglement für die beiden Klubwettbewerbe zu haben.

Übergangsphase
Es lag auf der Hand, dass diese Umstellung nicht von heute auf morgen erfolgen konnte. In der Spielzeit 1967/68 hatte die Neuerung lediglich empfehlenden Charakter, bevor sie 1968/69 verbindlich wurde. Danach wurden noch vereinzelte Ausnahmen zugelassen, doch das neue Konzept hatte sich bewährt, wie Hans Bangerter im Bericht des Generalsekretärs für die Jahre 1968 und 1969 festhielt: „Die Einführung des europäischen Spielkalenders für die UEFA-Klubwettbewerbsspiele und die damit verbundene Konzentration der Spiele auf die gleichen Daten gestalten diese Wettbewerbe für die Millionen von Fans in ganz Europa noch interessanter und attraktiver, wird doch durch diese Neuerung die bisher vermisste Übersicht gewährleistet. Der treffende Ausdruck für diese Spieltage ist von den Presseleuten bereits gefunden worden, sprechen sie doch vom Europa-Cup-Mittwoch.“

Somit beschloss das Exekutivkomitee am 5. März 1969 in Lissabon, einen Schritt weiter zu gehen und ab der Saison 1969/70 auch die Viertel- und Halbfinalpartien an festen Daten auszutragen. Diese Entscheidung wurde im Juni desselben Jahres bei der Konferenz der Präsidenten und Generalsekretäre auf dem Bürgenstock nahe der Schweizer Stadt Luzern einhellig unterstützt.

Pioniergeist
Der Spielkalender des europäischen Fußballs erhielt dadurch klarere Konturen und wurde durch eine weitere von Hans Bangerter vorgeschlagene Maßnahme zusätzlich entlastet: Die Auswärtstorregel, wonach sich bei Gleichstand nach Hin- und Rückspiel diejenige Mannschaft durchsetzt, die mehr Auswärtstore erzielt hat, stellt ein bedeutendes Vermächtnis des ehemaligen Generalsekretärs dar, entspricht aber nur einem Bruchteil seiner in den 29 Jahren an der Spitze der UEFA-Administration geleisteten Arbeit. Der Schweizer hatte sich nie gescheut, die Initiative zu ergreifen, auch nicht in jungen Jahren. „In meinem Dorf gab es keine Juniorenmannschaft, da wir kein Spielfeld hatten. Deshalb bin ich zum Gemeindepräsidenten gegangen und habe ihn gebeten, uns ein Grundstück zur Verfügung zu stellen, das ich ausgewählt hatte. Er war einverstanden und so habe ich einen Juniorenverein gegründet, von dem ich gleichzeitig Präsident, Sekretär, Kassier, Trainer und Spieler war. Zu den Auswärtsspielen in den Nachbardörfern fuhren wir stets mit dem Fahrrad.“

Hans Bangerter war der erste vollamtliche Generalsekretär der UEFA und trat am 1. Januar 1960 die Nachfolge von Pierre Delaunay an, der das Amt parallel zu einer ähnlichen Funktion im Französischen Fußballverband ausgeübt hatte. Bangerter zeichnete außerdem für den Umzug der UEFA von Paris in die Schweizer Bundeshauptstadt Bern verantwortlich.

Es war auch hauptsächlich sein Verdienst, dass die UEFA auf immer solideren Füßen stand und sich weiterentwickeln konnte – der Präsident übte sein Amt damals ehrenamtlich aus und hatte ebenso wenig Zeit wie seine Kollegen im Exekutivkomitee, sich mit dem nötigen Tiefgang um die immer umfangreicheren und vielfältigeren Aufgaben zu kümmern. Folglich hing das Wohl der UEFA von der Kompetenz und Arbeit des Generalsekretärs ab. Gestützt auf sieben Jahre Erfahrung als stellvertretender Generalsekretär der FIFA – wo er unter anderem bei der Organisation der WM-Endrunden 1954 in der Schweiz und 1958 in Schweden mitwirkte – baute Bangerter die UEFA-Administration kontinuierlich aus, die zu Beginn wie ursprünglich auch die FIFA aus zwei Sekretären bestanden hatte. Zu seiner Pensionierung Ende 1988 umfasste die Verwaltung 25 Personen und war den Herausforderungen einer immer komplexeren europäischen Fußballlandschaft gewachsen.

Positives Denken
Gewiss stand damals in wirtschaftlicher Hinsicht weniger auf dem Spiel – Privatfernsehen und Werbung hatten den Markt noch nicht explosionsartig wachsen lassen und rechtliche Fragen hatten eine geringere Tragweite. An heiklen Herausforderungen mangelte es laut Hans Bangerter aber dennoch nicht: „Die internationale Politik hat mir große Probleme und viel Arbeit bereitet. Wir befanden uns mitten im kalten Krieg, die politischen Spannungen wirkten sich manchmal auf unsere Wettbewerbe aus. Ich denke da zum Beispiel an das internationale Juniorenturnier 1961 in Portugal. Ich befand mich bereits auf dem Flug nach Lissabon, als uns mitgeteilt wurde, dass der jugoslawische Verband von den politischen Behörden gezwungen worden sei, sich vom Turnier zurückzuziehen. Ich musste also unmittelbar nach der Ankunft, am Vortag des Turnierbeginns, den ganzen Spielplan neu erstellen!“ Visumsprobleme sowohl für die Mannschaften als auch für die Offiziellen gehörten zum Alltag. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass sich die verfügbaren Kommunikationsmittel damals auf die „drei T“ (Telefon, Telex, Telefax) beschränkten und Computer noch ein Fremdwort waren.

Der ehemalige Leiter der UEFA-Administration war allerdings ein sehr positiv denkender Mensch, was sich auch in seiner Philosophie widerspiegelte: „Probleme sind da, um gelöst zu werden.“ Dementsprechend fällt auch die persönliche Bilanz seiner langjährigen Tätigkeit als führender Funktionär im internationalen Fußball aus: „Probleme wurden stets auf eine für alle Beteiligten akzeptable Weise gelöst. Es war insgesamt eine angenehme und positive Zeit.“

Hans Bangerter wurde am 10. Juni 1924 in Studen geboren, rund 30 Kilometer von der Schweizer Bundeshauptstadt Bern entfernt. Nach seinem Abschluss an der technischen Fachhochschule in Biel und einer ersten Anstellung in der Postverwaltung stieß er zur Eidgenössischen Turn- und Sportschule in Magglingen, wo er aufgrund seiner Sprachkenntnisse unter anderem für den Empfang ausländischer Gäste verantwortlich war. Darunter befanden sich auch einige Spitzenfunktionäre der FIFA, die sich an ihn erinnerten, als der Weltverband 1953 einen Assistenten für Generalsekretär Kurt Gassmann suchte. 1959 bot ihm dann die UEFA an, die Leitung ihres Generalsekretariats zu übernehmen – ein Amt, das er vom 1. Januar 1960 bis zu seiner Pensionierung am 31. Dezember 1988 ausüben sollte.

Beim UEFA-Kongress im Juni 1992 in Göteborg wurde er zum UEFA-Ehrenmitglied ernannt; als solches verfolgt der weiterhin fußballbegeisterte Bangerter regelmäßig das Geschehen im europäischen Fußball und sieht sich die Endspiele der großen UEFA-Wettbewerbe an. Er ist zudem Ehrenmitglied des Schweizerischen Fußballverbands und wurde mit dem FIFA-Verdienstorden ausgezeichnet.

Dieser Artikel stammt ursprünglich as UEFA Direct Nr. 176