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Offensivdrang machte WM in Brasilien zum Spektakel

Die Bereitschaft zum Risiko und bedingungslosem Offensivfußball hat zu einer tollen FIFA-WM geführt, so der Tenor bei der FIFA-/UEFA-Konferenz für Nationaltrainer und Sportdirektoren in St. Petersburg.

Teilnehmer bei der FIFA-/UEFA-Konferenz in St. Petersburg
Teilnehmer bei der FIFA-/UEFA-Konferenz in St. Petersburg ©Getty Images for UEFA

Die FIFA-/UEFA-Konferenz für Nationaltrainer und Sportdirektoren in St. Petersburg ist nicht nur ein wichtiges Forum für Trainer, um sich über aktuelle und zukünftige Trends im Fußball zu unterhalten. Sie ist auch ein angemessener Rahmen, um einen goldenen Sommer zu feiern, während dessen die FIFA-WM Experten und Fans gleichermaßen mit denkwürdigem Fußball begeisterte.

Die Veranstaltung in Russland, die gemeinsam vom Fußball-Weltverband und dem europäischen Fußballdachverband organisiert wurde und am Dienstag begann, bringt die Nationaltrainer und Sportdirektoren aus 54 europäischen Nationalverbänden für eine tiefgehende Analyse des Turniers in Brasilien zusammen. Während des zweitägigen Austauschs wurden die technischen Aspekte des Fußballs, das Schiedsrichterwesen sowie gesundheitliche und medizinische Bereiche aufgearbeitet, mit dem Ziel, die weitere Entwicklung dieses Sports in Europa und der ganzen Welt voranzubringen.

Deutschland gewann im Juli in Brasilien seinen vierten WM-Titel und dafür wurden die Nationalmannschaft und ihr Trainer Joachim Löw von den Konferenzteilnehmern gebührend mit Anerkennung bedacht. Der Bundestrainer gewährte einen faszinierenden Einblick auf die vielen Teilelemente, die für ihn persönlich als Trainer und für seine Mannschaft zusammenkamen, um so den Titelgewinn möglich zu machen.

Der technische Bericht der Konferenz betonte den anregenden Offensivfußball, der in Brasilien zu sehen war – der Schwerpunkt lag darauf, Tore zu erzielen. "Wir sahen spitzenmäßigen Angriffsfußball, exzellente Spieler, Mannschaften, die gewinnen wollten – wir sahen Trainer, die das Spiel gewinnen wollten... das war wunderbar für den Fußball", sagte Jean-Paul Brigger, der Vorsitzende der Technischen Division der FIFA.

"Es gab 171 Tore, im Durchschnitt 2,67 pro Spiel, womit die Marke der WM 1998 in Frankreich eingestellt wurde", fügte er hinzu. "Wir müssen den Trainern dafür danken, dass sie ihre Mannschaften offensiv spielen ließen."

Brigger führte das spektakuläre Turnier in Brasilien auf eine Reihe spezifischer Faktoren zurück. So zeigten sich die Mannschaften ausgesprochen stark im Umschaltspiel, entweder durch individuelle Dribblings, schnelle Kombinationen oder lange Pässe. Konterangriffe wurden mit Geschwindigkeit, Tempo und Durchschlagskraft geführt. Außerdem nahmen an dem Wettbewerb viele ausgezeichnete Offensivspieler, wie etwa Neymar, Lionel Messi, Thomas Müller, James Rodríguez und Alexis Sánchez, teil. "Wir sahen in Brasilien wunderbare Angreifer", sagte Brigger.

Weitere Schlüsselfaktoren auf dem Spielfeld waren die Fähigkeit, bei Ballbesitz kreativ nach vorne zu spielen sowie für einen klugen und durchschlagenden Spielaufbau zu sorgen. Die Bedeutung von Standards als Offensivwaffe ist nach wie vor offensichtlich, während im Torhüterspiel ein neues Level erreicht wurde.

"Nur Bälle zu halten, ist nicht genug", sagte Gérard Houllier, der die technische Studiengruppe der FIFA in Brasilien angeführt hatte. "Torhüter beteiligen sich heutzutage am Aufbauspiel, sie sind die ersten Passgeber. Torhüter müssen heutzutage nicht nur zwei gute Hände haben, sondern auch mit beiden Füßen gleich stark sein. Deutschlands Manuel Neuer ist zum Beispiel ein zusätzlicher Verteidiger."

Gérard Houllier beteiligte sich neben den Studiengruppen-Kollegen Mixu Paatelainen (Finnland) und Ginés Meléndez (Spanien) an der Untersuchung von Trends im modernen Fußball und Training. "Teams [in Brasilien] waren willens, Risiken einzugehen", sagte er. "Sie kamen auch beim Umschaltspiel nicht aus dem Gleichgewicht. Die heutigen Topspieler haben eine fantastische Technik kombiniert mit Tempo, einem Teamgedanken und hochwertigem Passspiel. Sie legen eine Gelassenheit und emotionale Kontrolle an den Tag, eine hohe Beschleunigung und die Fähigkeit, das Tempo hochzuhalten."

Joachim Löw, der vom leitenden technischen Verantwortlichen der UEFA, Ioan Lupescu, ebenfalls ein Mitglied der Studiengruppe in Brasilien, befragt wurde, sagte, dass Deutschlands Erfolg nicht nur der Erfolg des Trainers, sondern des gesamten Teams und der gesamten Belegschaft war – die Summe der Einzelteile ergaben ein erfolgreiches Ganzes. Ein Trainer, erklärte er, muss in vielen Bereichen von einem guten Team von loyalen Experten und Spezialisten, die fundierte Ratschläge und intelligente Meinungen zum Besten geben, umgeben sein.

"Ein Trainer muss auch die richtigen Spieler aussuchen. Spieler, die ein Turnier körperlich und mental durchstehen können", so Löw. "Sie müssen in den schwierigen Momenten, die es während eines Turniers gibt, über sich hinauswachsen. Ich bin überzeugt, dass der Charakter einer Mannschaft stimmen muss. Wenn ein Spieler nicht zum Einsatz kommt, muss er mit dieser Enttäuschung umgehen können und seine Teamkollegen unterstützen.

Laut Löw hatte die DFB-Truppe im Sommer den idealen Mix aus jungen und erfahrenen Spielern. Zudem wies er darauf hin, wie wichtig für den deutschen Fußball die strukturellen Änderungen nach der Jahrttausendwende waren, um die Nationalelf wieder in die richtige Spur zu bringen. Seitdem wurde eine Vielzahl an technisch begabten und vielseitigen Spielern hervorgebracht, was vor allem den Klubs zu verdanken ist, die vermehrt Wert auf Trainerausbildung gelegt haben.

Bei der Trainerkonferenz kamen auch Fabio Capello (Russland), Vicente del Bosque (Spanien), Didier Deschamps (Frankreich), Roy Hodgson (England) und Nico Kovač (Kroatien) zu Wort und trugen ihren Teil zur Analyse der WM in Brasilien bei. So wurden viele interessante Blickwinkel zur Endrunde dargestellt und das Leben der Trainer bei einer WM allgemein beleuchtet.

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