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Wolfsburg - Napoli: Reporter-Analyse

Wenn die beiden effektivsten Offensivreihen aufeinander treffen, dürfte es zur Sache gehen. Philip Röber und Paolo Menicucci haben sich mit dem Duell Wolfsburg gegen Napoli befasst.

Wolfsburg träumt vom erstmaligen Halbfinaleinzug
Wolfsburg träumt vom erstmaligen Halbfinaleinzug ©Getty Images

Stärken
Philip Röber: Das Vertrauen in die eigene Offensivstärke hat Wolfsburg ein bisher sehr erfolgreiches 2015 eingebracht. Statistisch gesehen ist der VfL die zweitgefährlichste Mannschaft beim Herausspielen von Chancen durch lange, wie auch durch kurze Pässe - ein Beleg für die Unberechenbarkeit. Beim Umschalten in die Offensive bedient man sich effizient der eigenen Schnelligkeit, abhängig vom Gegner ist Wolfsburg aber auch in der Lage, durch technisch saubere Stafetten den Aufbau geduldig zu gestalten.

Paolo Menicucci: Der Sturm, angeführt von Gonzalo Higuaín, ist sicherlich der große Trumpf von Napoli. In Szene gesetzt wird er von Kreativspielern und Dribbelkünstlern wie Marek Hamšík, Dries Mertens, Jonathan de Guzmán, Manolo Gabbiadini und José María Callejón, die jederzeit in der Lage sind, der gegnerischen Abwehr Kopfschmerzen zu bereiten. Die Europapokalerfahrung von Rafael Benítez, der den UEFA-Pokal, bzw. die UEFA Europa League schon zweimal gewonnen hat und auch schon in der UEFA Champions League triumphierte, ist ein weiteres Plus.

Schwächen
Philip Röber: Die Bereitschaft, in jeder Partie die Initiative ergreifen zu wollen, ist so manch einem Gegner nicht entgangen. Während der Gruppenphase deckte Everton FC die teilweise instabile Defensivstruktur auf, zudem hatte die Truppe von Dieter Hecking Glück (und einen starken Diego Benaglio), in den vier Partien gegen Sporting Clube de Portugal und FC Internazionale Milano insgesamt nur zwei Gegentreffer zu kassieren. Die offensiv ausgerichtete Spielweise hat ihren Preis, doch da vorne die Effizienz stimmt, nimmt Wolfsburg das Risiko gerne in Kauf.

Everton bezwang Wolfsburg zweimal klar
Everton bezwang Wolfsburg zweimal klar©Getty Images

Paolo Menicucci: Napoli hat in der UEFA Europa League in dieser Saison lediglich vier Gegentreffer hinnehmen müssen, doch in der Serie A zeigt man ein ganz anderes Gesicht. Dort gab es in 29 Ligaspielen ganze 37 Gegentore - die Wölfe werden in einer genauen Analyse also Schwachstellen im Defensivverhalten finden.

Form
Philip Röber: Nach dem tragischen Tod von Junior Malanda im Januar hatten viele Experten Zweifel, ob die Wölfe vom Kopf her frei genug sein würden, um die anstehenden Aufgaben zu meistern. Nach neun Spielen ist Wolfsburg jedoch das beste Rückrunden-Team der Bundesliga (2,3 Punkte pro Partie). Erfahrene Gegner wie Sporting und Inter wurden in der UEFA Europa League aus dem Wettbewerb befördert und da die Niedersachsen seit Wochen kaum Verletzungsprobleme haben, kann Hecking munter durchrotieren und ist immer in der Lage, von der Bank aus Impulse zu setzen.

Paolo Menicucci: Napoli ist beständig unbeständig: Herausragende Leistungen sind nicht selten gefolgt von blutleeren Vorstellungen und herben Enttäuschungen. Von den letzten sieben Partien in nationalen Wettbewerben konnte keine gewonnen werden, außerdem wurden die letzten vier Auswärtsspiele in der Serie A verloren.

Erfahrung im Europapokal
Philip Röber: Wolfsburg erlebt - zusammen mit der Spielzeit 2009/10 - gerade die erfolgreichste Europapokalsaison der Vereinsgeschichte. Vor fünf Jahren erreichten die Wölfe ebenfalls das Viertelfinale, scheiterten dann aber an Everton FC. Von den noch verbliebenen Teams hat der VfL mit nur 60 Partien in UEFA-Wettbewerben die geringste Europapokalerfahrung.

Paolo Menicucci: Napoli ist erstmals seit 1989 wieder im Viertelfinale eines UEFA-Wettbewerbs. Seit der damaligen Ära, die von Diego Maradona geprägt wurde, verkaufte man sich regelmäßig unter Wert oder hatte auch enormes Pech. So geschehen in der letztjährigen Gruppenphase der UEFA Champions League, als selbst zwölf Punkte aus sechs Partien nur zum dritten Platz reichten. Allerdings gewann Neapel 2012 und 2014 den italienischen Pokal

Schlüsselspieler
Philip Röber: Dank seiner herausragenden Torausbeute in den letzten Wochen hätten Bas Dost (wettbewerbsübergreifend 13 Treffer in 2015) oder auch Chef-Abfangjäger Luiz Gustavo hier sicherlich eine Nominierung verdient, doch Wolfsburgs Formhoch korreliert mit den starken Vorstellungen von Kevin de Bruyne. Fünf Tore und fünf Assists im bisherigen Wettbewerb sind nicht zu verachten, doch diese Zahlen allein reflektieren das Arbeitspensum und die qualitativ hochwertigen Einleitungen von Kontern des Belgiers nicht. Heckings System funktioniert nur deshalb so gut, weil sich De Bruyne in der Form seines Lebens befindet. Da wundert es auch nicht, dass er in allen Wettbewerben seit Beginn der Rückrunde lediglich fünf Minuten auf dem Platz gefehlt hat.

Ten great group stage goals

Paolo Menicucci: Higuaín hat wettbewerbsübergreifend bereits 23 Treffer markiert und war mit einem Dreierpack gegen den FC Dinamo Moskva in der letzten Runde der entscheidende Akteur für die Italiener. Der 27-Jährige ist in bestechender Verfassung, "kann sich aber noch steigern" - meint Benítez. In Neapel ist man jedoch überzeugt, nach Maradona wieder einen Argentinier in den Reihen zu haben, der den Verein zu europäischem Ruhm führen kann.

Vorhersage
Philip Röber: Beide Mannschaften haben im bisherigen Wettbewerb nicht mit Offensivakzenten gegeizt. Mit durchschnittlich 16,8 Torschüssen pro Spiel stellen Napoli und Wolfsburg die abschlussstärksten Mannschaften aller verbliebenen Teilnehmer und teilen sich im Gesamtranking des Wettbewerbs den dritten Platz. In den ersten beiden K.o.-Runden legte Wolfsburg mit zwei fulminanten Heimsiegen im Hinspiel den Grundstein zum Weiterkommen und wirkte nicht so, als würde man sich vor einem potenziellen Auswärtstreffer des Gegners fürchten.

Paolo Menicucci: Napoli wird sich darauf einstellen müssen, dass Wolfsburg auch beim Viertelfinalhinspiel vor eigenem Publikum mit hoher Intensität und viel Offensivgeist darauf drängen wird, mit mehr als einem Tor Vorsprung ins Rückspiel zu gehen. Ein gutes Polster braucht es jedoch auch, da Neapel über frenetische Fans verfügt, die das Team in schwierigen Situationen enorm nach vorne peitschen.

Mögliche Startaufstellungen
Wolfsburg: Benaglio - Vieirinha, Naldo, Knoche, Rodríguez - Gustavo, Guilavogui - Caliguiri, De Bruyne, Schürrle - Dost

Napoli: Andújar - Maggio, Albiol, Britos, Ghoulam - Inler, David López - Mertens, Hamšík, Callejón - Higuaín