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Malanda im Kopf, Bayern vor der Brust

Auf eine hervorragende Hinrunde folgte der große Schock in der Winterpause. Drei Wochen nach dem Tod von Junior Malanda richtet Wolfsburg den Fokus auf die schönste Nebensache der Welt.

Am Freitag läutet Wolfsburg im Heimspiel gegen die Bayern den Auftakt zur Rückrunde ein
Am Freitag läutet Wolfsburg im Heimspiel gegen die Bayern den Auftakt zur Rückrunde ein ©Getty Images

Die vielleicht schwierigste Winterpause in der Vereinsgeschichte des VfL Wolfsburg neigt sich dem Ende entgegen. Nach dem tragischen Tod von Junior Malanda mussten Wege gefunden werden, um die Trauerarbeit parallel zur Vorbereitung auf das Duell gegen Spitzenreiter FC Bayern München laufen zu lassen.

Aus sportlicher Sicht hat der VfL in der Saison 2014/15 einige beeindruckende Zeichen gesetzt und die Hinrunde als zweitbestes Team abgeschlossen. Dem Etikett "best of the rest" hängt kein negativer Beiklang an, denn Wolfsburg hat immerhin drei der vier deutschen UEFA-Champions-League-Vertreter hinter sich gelassen. Und weil der FC Bayern München unerbittlich seine Muskeln spielen lässt, ist der zweite Tabellenplatz in einer hart umkämpften Bundesliga zur Winterpause ein sehr vorzeigbares Ergebnis.

Natürlich hat sich der Erfolg nicht über Nacht eingestellt. Die Wölfe haben viel Geld und viel Planung investiert, um nach fünf bestenfalls durchschnittlichen Spielzeiten wieder oben mitzumischen. Trainer Dieter Hecking, der jetzt seit einem Jahr im Amt ist, hat dabei gutes Kader-Management bewiesen und die guten Leistungen in der Bundesliga mit einem Weiterkommen in der UEFA Europa League komplementiert. In der nächsten Runde geht es dort gegen Sporting Clube de Portugal, ein hochinteressantes Duell, in dem sich keine Mannschaft einen Fehler erlauben darf.

Soweit zur sportlichen Situation. Die Realität sieht so aus, dass sich Spieler, Trainer, Mitarbeiter und Fans in den letzten zweieinhalb Wochen daran nicht im geringsten Sinne erfreuen konnten. Der tragische Tod von Junior Malanda hat alle glücklichen Momente von 2014 unterdrückt und den Wölfen den denkbar traurigsten Start 2015 beschert. Wie und warum richtet man den Blick wieder auf Fußball, wenn man gerade einen guten Freund verloren hat? Einen Teamkollegen, der sich gerade auf dem Weg zum Flughafen befand, um mit der Mannschaft ins Trainingslager nach Südafrika aufzubrechen. Die Trauer um Malanda reichte weit über Wolfsburgs, Deutschlands und Belgiens Grenzen hinaus, doch es lässt sich nur erahnen, wie niedergeschlagen die kollektive Stimmung im Lager des VfL gewesen sein muss.

"Es war ein sehr schwerer Gang für uns alle", sagte Wolfsburgs Geschäftsführer Klaus Allofs nach der Beerdigung von Malanda in Brüssel, zu der mehr als 2 000 Menschen kamen. "Junior zu verabschieden, hat sehr weh getan. Aber es war uns allen wichtig und ein großes Bedürfnis, ihm die letzte Ehre zu erweisen."

Die Eindrücke sind noch frisch und schmerzhaft, so wird der Gang auf das Feld bei der nächsten Partie unabhängig vom Gegner eine emotionale Herausforderung. Am Freitag ist es soweit und Wolfsburg empfängt zum Rückrunden-Auftakt den ungeschlagenen FC Bayern, der mit einem Sieg auf 14 Punkte davonziehen könnte. Für Hecking wird die Priorität jedoch nicht darin liegen, den Abstand zu verkürzen, sondern ein Gleichgewicht zu finden, im dem sich Wolfsburg auf die kommenden Aufgaben konzentrieren und gleichzeitig die traurigen Momente der letzten Wochen aufarbeiten kann.

Vor etwas mehr als fünf Jahren brauchte Hannover 96 eine lange Zeit, um sich nach dem Tod von Robert Enke wieder zurechtzufinden. Weitläufige Vergleiche sind aufgrund der unterschiedlichen Situationen sicher nicht angebracht, doch Wolfsburg bat den angesehen Psychologen Dr. Andreas Marlovitz, den Spielern bei der Aufarbeitung der Trauer zu helfen. Marlovitz, der schon in Hannover die Spieler nach Enkes Tod betreut hatte, reiste zur moralischen Unterstützung mit ins Trainingslager nach Kapstadt. Aber auch Hecking hat jetzt eine noch größere Last als sonst zu tragen.

"Ich kann in dieser Situation nicht alles richtig machen", sagte der Trainer gegenüber dem kicker. "Es hat mir sehr geholfen, meine Tränen nicht zurückzuhalten. Wir müssen uns auf die Rückrunde vorbereiten, da können wir uns nicht noch zwei, drei Wochen völlig zurückhalten. Ich habe Riesenvertrauen in das Team … Wir haben eine charakterstarke Mannschaft, eine hohe sportliche Qualität und werden diese Stärke hoffentlich auch in der Rückrunde zeigen." Ein gutes Ergebnis gegen die Bayern am Freitag würde sicher einen großen Teil dazu beitragen, dass nach einer bedrückenden Winterpause wieder so etwas wie Normalität einkehrt.

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