Die größten Teams aller Zeiten: Real Madrid 1956-60
Montag, 1. Juni 2015
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Die Größten: "Wir hatten so viele großartige Spieler in der Mannschaft, dass es keine Überraschung ist, dass wir so viele Pokale gewonnen haben", sagte Francisco Gento, einer von Real Madrids Serienchampions.
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Mit insgesamt zehn Triumphen im Pokal der europäischen Meistervereine und der UEFA Champions League ist Real Madrid CF der erfolgreichste Verein des Kontinents, doch fünf ihrer Titel sicherten sich die Königlichen gleich zu Beginn zwischen 1956 und 1960 durch die beste Mannschaft der Welt.
Das goldene Zeitalter
"Wir hatten nur das Pech, in der gleichen Zeit wie diese unglaubliche Mannschaft von Real Madrid zu spielen", sagte 1959 Dominique Colonna, Torhüter von Stade de Reims, nachdem seine Mannschaft zum zweiten Mal im Finale des Pokals der europäischen Meistervereine gegen Madrid verloren hatte. "Wenn es sie nicht gegeben hätte, hätte vielleicht Reims Europa jahrelang dominiert."
José Villalongas Mannschaft holte 1956 zwei Rückstände auf und schlug Reims im ersten Finale mit 4:3, Alfredo Di Stéfano, Marquitos und Héctor Rial (zwei Mal) waren die Torschützen. In diesem Sommer holte Real dann den Star von Reims, Raymond Kopa, und schlug ACF Fiorentina 2:0 im Finale von 1957 zu Hause im Santiago Bernabéu. Weitere Triumphe folgten: 3:2 gegen AC Milan 1958 in Brüssel; 2:0 gegen Reims 1959 in Stuttgart und 7:3 gegen Eintracht Frankfurt im Finale 1960 in Glasgow.
Die Merengues gewannen in diesem Zeitraum alle 17 Heimspiele im europäischen Wettbewerb. "Wir hatten die Besten: Di Stéfano, Puskás, Gento etc.", erinnerte sich Kopa. "Unsere Verteidigung mit Marquitos, Santamaría und Santisteban war ausgezeichnet. Die Atmosphäre bei Spielen war fantastisch – 125 000 Zuschauer, die mit weißen Taschentüchern in der Luft wedelten. Wir hatten keine Sponsoren, die Spiele kamen nicht im Fernsehen, wir mussten Freundschaftsspiele in aller Welt spielen, um Geld für den Verein zu verdienen. Das waren definitiv andere Zeiten."
Die Übergabe des Zepters
Der absolute Höhepunkt war der 7:3-Sieg gegen die Eintracht am 18. Mai 1960 vor 127 621 Fans in Schottland: Ferenc Puskás machte vier Tore und Di Stéfano gelang ein Dreierpack. In der Startelf von Miguel Muñoz, der somit zum ersten Fußballer avancierte, der sowohl als Spieler als auch als Trainer den Pokal der europäischen Meistervereine gewinnen konnte, standen Rogelio Domínguez, Marquitos, José Santamaría, Pachín, Vidal, Zárraga, Canário, Luis del Sol, Di Stéfano, Puskás und Francisco Gento.
"Keine Mannschaft hätte Madrid heute schlagen können", schrieb der französische Journalist Jean Eskenazi. "Ihr Spiel war wie die fantastischsten Feuerwerke, die man seit langem gesehen hat." Doch in der Folgesaison zogen sie gleich in der ersten Runde gegen den FC Barcelona den Kürzeren.
Die wegweisende Philosophie
Wohl waren in einer Zeit, in der die Fußballwissenschaft noch in ihren Kinderschuhen steckte, die Neuverpflichtungen genauso wichtig wie die Taktik, was aber feststeht, ist, dass Madrids Offensive allen Gegnern überlegen war. In ihren fünf aufeinanderfolgenden Triumphen im Pokal der europäischen Meistervereine erzielten sie 20, 20, 25, 16 und 31 Tore – insgesamt 112.
"Wenn man Hochbegabte wie Raymond Kopa, Ferenc Puskás und Alfredo Di Stéfano hat, musst du sie alle in einem Team spielen lassen, und deshalb waren wir sehr offensiv ausgerichtet", sagte Francisco Gento über die aggressive 3-2-5-Aufstellung seiner Mannschaft. "Wir haben so viele großartige Spieler in diesem Team, dass es nicht überraschend ist, dass wir so viele Pokale gewonnen haben."
Das taktische Genie
Konstanz auf dem Platz war entscheidend in der goldenen Zeit – Di Stéfano traf in allen fünf Finalsiegen. Doch drei verschiedene Trainer hatten in diesem Zeitraum die Verantwortung. Villalonga trainierte die Mannschaft bei den ersten beiden Erfolgen, der Argentinier Luis Antonio Carniglia war bei den Siegen 1958 und 1959 federführend. Miguel Muñoz, der als Mittelfeldspieler bei den ersten drei Finalsiegen auf dem Platz gestanden hatte, war nicht nur 1960 auf der Bank, sondern auch bei Madrids sechstem Triumph 1966. Obwohl seine Mannschaft Spanien in den frühen 1960ern deutlich dominierte, bedeuteten bedeutende Veränderungen bei anderen Mannschaften, dass später niemand mehr auf ähnliche Weise die Oberhand hatte.
Die Starspieler
Alfredo Di Stéfano: Im Alter von 27 Jahren kam er 1953 nach Madrid und war ein meisterhafter Torjäger, der in 284 Spielen in La Liga insgesamt 216 Tore erzielen konnte. Sir Bobby Charlton erinnerte jedoch daran, dass er auch das Herz der Mannschaft war. "Es war schwer, er musste sich seine eigene Kommandozentrale im Herzen des Spiels aufbauen", erinnert er sich. "Er war unglaublich stark und gleichzeitig raffiniert. Man konnte die Augen einfach nicht von ihm lassen."
Francisco Gento: Der einzige Spieler, der sechs Mal den Pokal der europäischen Meistervereine gewinnen konnte, ist – neben Paolo Maldini – auch der einzige Spieler, der in acht Endspielen auf dem Platz stand. Mit 18 Jahren kam er von Real Racing Club Santander und verließ Madrid erst als 37-Jähriger. Er ist der einzige Spieler, der zwölf spanische Meisterschaften gewinnen konnte – und alle mit Madrid. Er spielte auf dem linken Flügel und bereitete die Tore von Di Stéfano, Puskás, Kopa und Rial vor.
Ferenc Puskás: Als er 1958 nach Madrid wechselte, war er schon 31, und doch brachte sein starker linker Fuß eine neue Dimension in Madrids Spiel. Er machte 84 Tore in 85 Spielen für die ungarische Nationalmannschaft, und obwohl er das Finale 1959 verpasste, machte er das gegen Eintracht 1960 wieder gut. "Puskás konnte den Ball mit seinem linken Fuß besser kontrollieren als ich mit meinen Händen", sagte Di Stéfano.
Was sie sagten
Ferenc Puskás über sein Erfolgsrezept: "Ich glaube, ich war einfach immer nah am Tor dran!"
Francisco Gento: "Ich habe insgesamt acht Endspiele gespielt und sechs gewonnen. Wir waren die beste Mannschaft der Welt und es war eine große Freude, mit so vielen wunderbaren Spielern zu spielen."
Sir Alex Ferguson: "Im Halbfinale [1960] schlug Eintracht Frankfurt die Rangers und wir waren sicher, dass die Eintracht den Pokal gewinnen würde – aber Real Madrid war ein besonderes Team. Ich hatte das Glück, als junger Mann von dieser großartigen Mannschaft und Di Stéfano beeinflusst zu werden. Er hatte den Kopf immer oben. Er war so ein fantastischer Fußballspieler."
Michel Platini: "Di Stéfano war technisch herausragend, unglaublich schnell und ein glänzender Torschütze. Zusammen mit seinen talentierten Mannschaftskameraden erfand er den modernen Fußball. Er verkörperte alles, was am Fußball so wunderbar ist."