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Hitzfelds Tipps für künftige Trainer

Ottmar Hitzfeld, Gewinner der UEFA Champions League mit Borussia Dortmund und dem FC Bayern München, gewährte den Pro-Lizenz-Absolventen in Nyon Einblicke in sein spannendes Trainerleben.

Ottmar Hitzfeld 1997 nach dem Gewinn der UEFA Champions League
Ottmar Hitzfeld 1997 nach dem Gewinn der UEFA Champions League ©Getty Images

"Als einen demokratischen Diktator" beschrieb sich der Schweizer Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld Anfang des Monats bei einem Besuch der UEFA-Zentrale in Nyon. Dort diskutierte er mit den Pro-Lizenz-Absolventen des UEFA-Trainer-Austauschprogramms über seine Trainererfahrungen. Er gewann sowohl mit Borussia Dortmund (1997) als auch mit dem FC Bayern München (2001) die UEFA Champions League und gab den Kursteilnehmern wertvolle Tipps sowie faszinierende Einblicke in seine dreißigjährige Trainertätigkeit. Hier einige Auszüge:

An deinen Schwächen arbeiten
Ich war früher sehr scheu und gehemmt, wenn ich vor vielen Leuten sprechen musste. Als Spieler war das kein Problem, aber als Trainer musste ich lernen, aufzustehen und meine Mannschaft anzusprechen, um ihr meine Botschaft zu übermitteln. Ich habe damals zuhause vor dem Spiegel geübt, um sicherzustellen, dass ich selbstbewusst sein würde, meine Meinung zu vertreten.

Flexibel sein
Es ist sehr wichtig, dass man seine eigene Philosophie mitbringt und der Mannschaft einimpft, aber man muss natürlich mit dem vorhandenen Spielermaterial arbeiten. Als ich 1991 nach Dortmund kam, wollte ich ein 4-4-2 oder ein 4-2-3-1 spielen, aber Dortmund hatte bis dahin ausschließlich mit einem 3-5-2 gespielt. Ich habe schnell gemerkt, dass ich zwar meine eigene Philosophie, aber nicht die dafür nötigen Spieler hatte. Deshalb habe ich meine Philosophie geändert, bis ich in der Lage war, durch die Verpflichtung einiger Spieler meine ursprünglichen Ideen durchzusetzen. Man muss halt flexibel sein.

Mit schwierigen Spielern umgehen können
Als Spieler war ich ziemlich egoistisch – ich war Stürmer und wollte Tore schießen. Ich war wahrscheinlich kein großer Mannschaftsspieler, aber als Trainer wusste ich, dass ich mich mehr auf solche Spieler konzentrieren musste, als auf andere. Manchmal sind die herausragenden Spieler sehr schwierig, aber ich bin eigentlich immer ganz gut mit ihnen ausgekommen. In schwierige Spieler muss man mehr Zeit investieren, dann werden sie sich für dich zerreißen. Wenn man sich nur um die einfachen Spieler kümmert, wird man ein schwaches Team haben.

Aus Fehlern lernen
Man braucht auch Negativerlebnisse, um sich zu verbessern. Rückblickend war die Niederlage im Finale der UEFA Champions League von 1999 so ein Erlebnis, denn zwei Jahre später haben wir den Titel geholt. Wir haben damals in der 91. und 93. Minute die Gegentore kassiert und ich habe die Mannschaft später zusammengerufen und ihnen gesagt, dass wir jetzt nicht das Mitleid der Menschen brauchen, sondern, dass wir uns unsere Fehler vor Augen führen müssten. Wir waren nicht bis zur letzten Sekunde voll konzentriert und haben sie [Manchester United FC] in der Schlussphase nicht weit genug von unserem Tor ferngehalten und waren auch zu nervös. Unter dem Strich stand, dass es unser eigener Fehler war. Ich habe meinen Spielern gesagt, dass es unser Fehler war, aber dass wir in der Lage sind, uns zu steigern und dass wir das Zeug haben, die Champions League zu gewinnen. Wichtig war, die Spieler wieder neu zu motivieren. Ich habe diese Botschaft übermittelt, obwohl ich selbst zutiefst deprimiert war.

Mit der Zeit gehen
Man muss immer die neuesten Entwicklungen im Auge behalten. Der Beruf eines Fußballtrainers ist ein Fulltime-Job, man muss Tag und Nacht an Fußball denken. Man muss ständig über seine Mannschaft nachdenken und sich über neue Entwicklungen informieren, wie zum Beispiel Videoanalysen. Man muss sich Video-Aufzeichnungen der Spiele seiner Gegner ansehen, dabei reicht es nicht, sich ein Spiel einmal anzusehen, man muss immer wieder zurückspulen, einzelne Szenen studieren und aus ihnen lernen. Außerdem muss man dafür sorgen, dass man eine gute Mischung aus jüngeren und erfahrenen Mitarbeitern in seinem Trainerstab hat.

Klar kommunizieren
Ich habe meinen Spielern immer gesagt, warum ich sie nicht aufstelle. Früher haben die Trainer oft gesagt: 'Du spielst nicht, basta.' Ich habe versucht, genau das nicht zu tun, ich wollte immer allen Spielern sagen, warum ich sie nicht aufstelle. Als junger Trainer habe ich viel Zeit damit verbracht, mir zu überlegen, wie ich die Spieler kritisieren würde. So etwas muss man lernen, das kann man nicht von Anfang an. Man muss aufpassen, dass man seine Spieler nicht verletzt oder beleidigt. Die Spieler sind oft sehr sensibel. Da zählt jedes einzelne Wort, man muss versuchen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und zu bewahren, nur dann wird man als Trainer erfolgreich sein.

Seine Spieler kennen
Meine Spieler erwarten von mir, dass ich die Gegner in- und auswendig kenne, aber sie erwarten auch, dass ich sie sehr gut kenne. Die Spieler wollen von ihren Trainern nicht als reine Rückennummer behandelt werden. Es geht nicht nur um Taktik und es ist nicht nur wichtig, was auf dem Platz passiert, sondern auch das, was abseits davon passiert.

In den 60er und 70er Jahren wollten die Spieler mehr Autorität von ihren Trainern – heute erwarten sie mehr Empathie. Vor einem Qualifikationsspiel der Schweizer in England [im Juni 2011] habe ich Granit Xhaka zur Seite genommen. Er war damals 19 und ich habe ihn gefragt: 'Traust du dir zu, vor 90 000 fanatischen Zuschauern in Wembley zu spielen?'

Es war eine einfache Frage und er antwortete: 'Warum nicht, Trainer – trauen Sie mir das nicht zu?' Heute sind junge Spieler viel reifer und selbstbewusster als früher. Vor 30 Jahren hätte ein junger Spieler nicht so geantwortet. Deswegen investiere ich auch so viel Zeit, sie als Menschen zu behandeln. Man arbeitet mit 20, 25, 30 Spielern und es ist praktisch unmöglich, sie alle in ein Team zu integrieren, wenn man den menschlichen Faktor außer Acht lässt. Dafür muss man das richtige Gespür entwickeln.

In einer Sprache sprechen
Für mich war und ist Kommunikation schon immer der wichtigste Teil meiner Trainerarbeit. Man muss ein Gefühl dafür haben, was in deiner Mannschaft passiert und die dafür nötige Empathie entwickeln. Wenn man bei einem großen Klub arbeitet, vertritt man diesen Klub auch – man ist das Gesicht dieses Klubs, und kommuniziert über die Medien mit seinem Klub und seinen Spielern. Deswegen ist jedes Wort, jede Nuance wichtig. Als Ausländer, der die Landessprache nicht spricht, ist das heute sehr schwierig.

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