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Santos Tartu mag es brasilianisch

Benannt nach Pelés Heimatklub, gehört der estnische Drittligist FC Santos Tartu sicher zu den interessantesten und kuriosesten Teams in der diesjährigen UEFA Europa League.

Santos Tartu ist einer von 18 Europapokal-Debütanten in der diesjährigen UEFA Europa League
Santos Tartu ist einer von 18 Europapokal-Debütanten in der diesjährigen UEFA Europa League ©Tartu FC Santos

Eine Amateurmannschaft, in der ein Doktor, ein Immobilienmakler, einige Studenten und ein Gefängniswächter kicken, schickt sich an, am Donnerstag ihr Europapokaldebüt zu feiern und das unter einem klangvollen Namen: Tartu FC Santos - benannt nach der Mannschaft, deren Trikot der legendäre Pelé 18 Jahre lang trug - möchte gegen Tromsø IL aus Norwegen einen ersten kleinen Schritt ins internationale Rampenlicht machen.

2006 gegründet, spielt Tartu Santos in der dritten Liga Estlands, die man nach 17 Spieltagen anführt, obwohl zum Training oft nicht mehr als 15 Spieler kommen. Präsident Meelis Eelmäe blickt zurück.

"Als wir den Klub gegründet haben, wollten wir nicht, dass unsere Nachwuchsspieler den üblichen estnischen Fußball zeigen", erzählte er UEFA.com. "Wir haben den brasilianischen Weg gewählt. Wir wollen einen Fußball mit vielen Dribblings und Kurzpässen spielen. Fußball ist für uns wie eine Religion und nicht umsonst bedeutet Santos auf Portugiesisch Heiliger."

Levadia mit dem estnischen Pokal
Levadia mit dem estnischen Pokal©Hendrik Osula

Tartu Santos − seit April trainiert vom ehemaligen litauischen Nationaltrainer Algimantas Liubinskas – verdankt seinen Startplatz im Europapokal seinem sensationellen Einzug ins estnische Pokalfinale, in dem man dann gegen den Meister FC Levadia Tallinn mit 0:4 unterlag.

Im Kader des Amateurklubs finden sich Spieler mit allen nur denkbaren Berufen. Star des Teams ist der 28-jährige Mittelfeldspieler Timo Teniste, der schon 68 Erstligaspiele für den Stadtrivalen JK Tammeka Tartu absolviert hat. Seine Erfahrung ist gegen das Team aus Tromsø unverzichtbar, auch wenn der Gegner Tartus 2013 aus der norwegischen Eliteserien abgestiegen ist.

"Ich habe mich vor zwei Jahren entschlossen, meine Profikarriere zu beenden", erinnert sich Teniste. "Deshalb bin ich zu Santos gegangen, das schon einige Aufstiege hinter sich hatte. Dank einiger weiterer Ex-Spieler von Tammeka und ein bisschen Losglück haben wir uns über den estnischen Pokal für die UEFA Europa League qualifiziert."

So leidenschaftlich die Spieler ihrem Hobby nachgehen, so oft kommt es auch vor, dass wichtige Akteure aus beruflichen Gründen das Training schwänzen müssen. "Leider können nicht alle von uns regelmäßig trainieren", erklärt Teniste, dessen Bruder Taijo als estnischer Nationalspieler in Norwegen bei Sogndal IL Fotball aktiv ist.

"Die Leute müssen nun mal Geld verdienen, aber derzeit haben wir trotzdem meist so zwischen 18 bis 24 Spieler im Training, es kommt aber auch schon mal vor, dass es nur 14 sind."

"Wir haben in unseren Reihen Musiker, einen Arzt und einen Logistikspezialisten, aber den wohl ungewöhnlichsten Beruf dürfte unser Gefängniswärter haben. Dann spielen bei uns noch Studenten, ein Bauarbeiter, ein Immobilienmakler und einige Jugendtrainer. Die meisten von uns kennen sich seit vielen Jahren und wir verstehen uns blendend, auf und abseits des Platzes. Aber das ist nicht unsere einzige Stärke, wir sind technisch sicher stärker als all die anderen Teams in unserer Liga." Was am letzten Freitag mit einem 7:2-Sieg gegen HÜJK Emmaste eindrucksvoll bewiesen wurde.

"Unsere Spieler haben eine sehr professionelle Einstellung", betont Eelmäe. "Nur wenige halten ihren Beruf für wichtiger als den Fußball. Viele haben sich auch Berufe ausgesucht, in denen man genügend Zeit zum Fußballspielen hat."

"Wir fürchten keinen Gegner, jedes Europapokalspiel, egal gegen welchen Gegner, gibt uns wertvolle Erfahrungen. Wir haben uns sehr schnell entwickelt und sind noch nicht am Ende unserer Entwicklung angekommen. Wir wollen in zwei Jahren in der ersten Liga spielen und in drei bis vier Jahren auch wieder im Europapokal dabei sein."

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